11. Dezember 2011

Fuerteventura: Montaña Tindaya und El Cotillo

– Zweiter Tag –
Heute lernen wir, warum es gut ist – besonders auf Fuerteventura – immer ausreichend Trinkwasser dabei zu haben. Denn nicht nur die Sandfläche El Jable im Norden ist baumlos. Die quasi nicht vorhandene Vegetation zieht sich über die ganze Insel, sie ist das viele Stammurlauber faszinierende Charakteristikum Fuerteventuras. Die Folge für uns Reisende ist ungehinderte Sonnenbestrahlung (schützt euch unbedingt vor der Sonne!) und DURST.

Die Straße FV-1 von Norden kommend fahren wir nach ca. achtzehn Kilometern am Verkehrskreisel vor dem Parque Hollande rechts ab und danach gleich wieder rechts Richtung Villaverde. Wir gelangen auf eine unbefestigte Straße, die zwischen beigefarbenen Vulkanbergen und einigen wenigen kultivierten Feldern mit Agavenpflanzungen führt. Ihnen macht das trockene und sonnige Klima nichts aus. Hauptsächlich verwendet werden die Pflanzen zur Sisalgewinnung.

Welchem Umstand verdankt die Insel ihren Wüstencharakter? – Die Spanier holzten im 15. und 16. Jahrhundert die Insel fast völlig ab, um mit dem Holz ihre Kalköfen zu befeuern, Häuser und Boote zu bauen. Den Rest besorgten die Ziegenherden und was dann noch übrig blieb, besorgten Wind und auch der seltene Regen.

Ganz bestimmte Pflanzen wurden jedoch wieder angepflanzt. Neben den erwähnten Agaven sind es vor allem Euphorbiensträucher und der gelb blühende Stechginster. In den Gärten der Einwohner wachsen Südfrüchte, man sieht vorwiegend Feigen und Zitrusfrüchte.

Das trockene Land der Insel gibt nicht viel Grün her. Die Agavenpflanzungen im rechten Bild sind vom Menschen kultivierte Felder.

Im Norden gibt es einen Ort, der früher sehr wichtig für den Inselnorden war: La Oliva . Damals war es der Sitz des Inselgouverneurs. Wir fanden dort nicht viele Besonderheiten: die Kirche Iglesia de la Nuestra Señora de la Candelaria in der Ortsmitte ist die auffälligste.

Tolle Fotomotive: auf Fuerteventura verrichteten zahlreiche Windmühlen ihre Arbeit. Acht Kilometer vor El Cotillo kommen wir an Lajares vorüber, wo ein sehr schönes Exemplar steht. Meist sind die Mühlen allerdings außer Dienst gestellt, so auch diese hier. Doch sie ist komplett: alle Windmühlenflügel wurden restauriert und auch darüber hinaus ist das Gebäude ansehnlich.

 

Die Felder ringsum werden nicht mehr bestellt. Sie sind mit Mauern geschützt, welche die Ziegenbauern zu errichten hatten, damit ihre Herden nicht über die benachbarten Pflanzungen herfallen. Die Felder wurden noch bis in die 60er Jahre mit Dromedaren beackert. Die Bauern zogen vorwiegend Getreide, besonders Gerste. Diese Gerste wurde geröstet, dann in den vielen Mühlen gemahlen. Das entstandene Mehl nennt man Gofio, die kanarische Nationalspeise.

Gofio
Gofio wurde von den Ureinwohnern, den Guanchen, aus Gerste hergestellt. Diese (wahrscheinlich ehemals Berber) brachten das Saatgut aus Nordafrika mit auf die Inseln.

Heute handelt es sich dabei um ein Mehl, das aus verschiedenen Getreidearten hergestellt wird und einen hohen Sättigungswert besitzt.

Zubereitung pikant: Gofio bildet die sättigende Basis vieler Gerichte. Traditionell wird das Mehl aus den gerösteten Getreidekörnern mit Salz, Wasser. Chili, Kümmel und Koriander zu einem Teig geknetet (pelota de Gofio).

Zubereitung süß: Süßer Gofioteig entsteht durch Vermischung mit Zucker, Honig oder auch getrockneten Früchten. Das Ergebnis wird als Grundlage für Süßspeisen genutzt. Oft wird er zusammen mit Palmhonig verwendet.

Gofio ist nicht nur traditionell auf den Tischen kanarischer Küchen zuhause, es ist auch heute noch die traditionelle Speise der Ziegenhirten. Sie verrühren das Gerstenmehl in Ziegenledersäcken, die sie bei sich tragen, mit Ziegenmilch oder Wasser zu einem essbaren Brei.

Von La Oliva fahren wir nur wenige Kilometer weiter und die Straße passiert den von den Guanchen als heilig verehrten Berg Tindaya . Anfang der 90er wurde der 401-Meter hohe Geselle dennoch als Steinbruch genutzt. Die von Baggern gerissene Wunde an der Flanke ist heute noch sichtbar, auch wenn die Bergbauarbeiten später wieder eingestellt werden mussten.

Bis zum Fuße des Montaña Tindaya führt eine staubige Piste, wo wir unseren kleinen Toyota abstellen. Ein Weg nach rechts reicht noch bis zu ein paar verfallenen Ruinen heran, die vermutlich einst Bauernbehausungen waren. Dann verliert sich der Pfad, man muss klettern. Vorbei an Agaven, über Geröll kann man auf den Berg gelangen, jedoch war uns der Weg nach oben nicht wirklich klar. Unsere Kletter-Wanderung endete so recht schnell. Wir beobachten stattdessen zwei Atlashörnchen bei ihrem Fang-Mich-Spiel und fanden Schnecken- und Muschelreste hier in der Trockenheit (die Sonne knallt herunter: Bäume? – Fehlanzeige).

Video: Tindaya – Der heilige Berg der Guanchen
 

Nach unserem Besuch beim Berge Tindaya habe ich irgendwo gelesen: um das Kulturerbe Montaña Tindaya besichtigen zu können, bedarf es einer offiziellen Genehmigung, die von der Inselregierung – in Puerto del Rosario – eingeholt werden kann. Wer allerdings kontrolliert diese Genehmigung am Fuße des einsamen Berges?

 
Auf dem Tindaya, dem heiligen Berg der Guanchen, finden sich viele Spuren, die auf das Meer schließen lassen: Muscheln. Rechts: Das Kirchlein Virgen de la Caridad im Dorf Tindaya nah beim Berge Tindaya.

In El Cotillo gibt es noch Ursprünglichkeit, wie es sie in anderen Orten auf der strandigen Ostseite der Insel seit mindestens zwanzig Jahren nicht mehr gibt. Also machen wir uns über landschaftlich interessante Straßen aus Richtung La Oliva auf den Weg dorthin. Wir kommen gerade an, als paar Dutzend Motorradfreaks die Hauptstraße samt Restaurant belagert.

Darüber hinaus ist nicht viel Touristisches zu sehen: keine auffälligen Hotels, keine Promenade, keine größeren Anhäufungen von Restaurants. Ein paar private Appartements für Urlauber zu vermieten, nichts ins Auge Stechendes.

Den Fischerhafen Puerto Antigo (=alter Hafen) schützt eine mächtige Mauer gegen die Unbill des Meeres. Die Hafenzufahrt wird erkennbar von Meeresströmungen bewacht. Die vorgelagerten Riffe boten einen natürlichen Schutz gegen Piraten, die die Insel Mitte des 18. Jahrhunderts oft heimsuchten. Gerade gibt ein einlaufender Fischer noch mal richtig “Gummi”, um die gefährlichen Stellen im richtigen Takt der Wellen zu bezwingen.

 

Früher wurde hier das Exportgut Kalk verladen, drei stillgelegte Kalköfen am Hafen zeugen noch davon. Ein dicker zweistöckiger Wehrturm steht abseits, das Castillo del Toston. Von ihm kann man die gesamte Westküste überblicken – ein zusätzlicher Schutz gegen Piraten. Heute ist darin ein Museum untergebracht, das bei unserem Besuch gerade geschlossen war.

Nördlich vom Fischerhafen, vor den Wohnhäusern des Ortes, liegt der Playa de Cottillo , ein Bade- und vor allem Surferstrand. Den Badebreich schützen vorgelagerte Lavafelder und Steine vor dem offenen Meere. Wegen der Eignung für Surfer existieren selbst noch in dem acht Kilometer entfernten Lajares Surfschulen und auch ein Surfboardbauer.

Weitere weiße Sandstrände südlich des Ortes: Playa del Castillo, Playa del Aguilla.

Die Küste südlich von El Cotillo wartet mit schönen Sandstränden auf. Hier blicken wir auf den Playa del Castillo.